Immer wieder bin ich fasziniert, wenn ich sehe wie unterschiedlich Schnürsenkel zugebunden werden können oder auch der Fahrersitz im Auto eingestellt ist. Spinat soll man nicht wieder erwärmen. Wenn man die Blütenstelle an einer Tomate isst , dann erzeugt das Krebs. Glaubenssätze und Denkmuster setzen sich viel zu oft hartnäckig fest und erschweren uns das Leben. Ganz sicher können wir nicht alles hinterfragen, denn die Informationsflut ist dafür viel zu groß.
Aber Achtung! Unsere Sinne bedienen wir zu oft genau mit diesem Automatismus und unsere Wahrnehmung resultiert daraus. 
Das Sehen nimmt einen erheblichen Raum dabei ein. Uns wird etwas erklärt und gezeigt, wir sehen bei anderen und wir lernen und sehen über Medien. Darüber bildet sich unser Verstehen und die Entwicklung nimmt ihren Lauf.  Auch Augen lernen erst das Sehen, wenn wir das Licht der Welt erblicken. Die Bilder, die die jeweilige Optik der Augen dem Gehirn liefert, dienen als Lernvorlage aus dem Sinn Sehen.

Die Macht der Gewohnheit….

Is’ eben so… So bin ich halt… Kenn’ ich nicht anders…
Bei Kleinigkeiten geht es los. Es ist das eine Gericht, was nur richtig schmeckt wenn es so ist, wie wir es kennen. Es ist die eine Methode, wie wir uns nach dem duschen abtrocknen .
Lisa Feldman Barrett beschreibt sehr deutlich in ihrem Buch „Wie Gefühle entstehen“, wie das Gehirn den Informationen die von außen kommen, also unserer Wahrnehmung, einen Sinn verleiht. Alles beruht auf dem was wir schon kennen, bzw. auf etwas zumindest ähnlichem. 

Die Macht der Gewohnheit zu brechen kostet uns viel Energie. Vor allen Dingen wenn es für das eigene Wohlbefinden nicht offensichtlich relevant erscheint.
Und wieder kommen uns die Augen als physikalisch funktionierendes Organ in die Quere. Sie bilden ab, was ihnen in den Blick gerät. Mit Fehlern, ohne Fehler, müde oder gestresst – völlig egal. 
Die Frage: Merkt ihr selber oder? gilt für die Augen nicht. Die merken nämlich gar nichts. Wie Fließbandarbeit, wird stumpf ein Foto nach dem anderen nach „oben“ zum Gehirn geschickt. 

Die Seh-Ergebnisse führen dann zu Interpretationen im Jetzt, zu Denkprozessen, begleitet vom Lernen und Verstehen und !!!!!! nicht zu vergessen führen sie auch zu unseren Erinnerungen.
Es ist jedesmal sehr belustigend, wenn meine zwei erwachsenen Kinder Situationen ihrer Kindheit beschreiben. Meine Bilder im Kopf unterscheiden sich, oft mehr als gravierend, von ihren und dementsprechend die dazugehörigen Emotionen.

Bei den Augen wird so die Macht der Gewohnheit zum Verhängnis. Denn bei einer Fehllieferung von Bildern, macht das Gehirn die Bilder aus erlernter Gewohnheit. Und das Neue bleibt verborgen.

Die Gewohnheit sieht, denkt und handelt.

Wie in jedem Fachbereich steht die Priorität der Korrektur in der Augenoptik an erster Stelle. Leider unterliegen die Beratungen, wie in jedem Zwiegespräch, dem persönlichen Engagement, der Haltung des Einzelnen, der Qualität des Angebotes und auch hier der Gewohnheit des Empfehlenden.
Nutzen Sie meine unabhängige und neutrale Erfahrung aus vierzig Jahren Augenoptik und lernen Sie die Tücken Ihres Augenpaares kennen.

Nur wenn, was ist, sich ändern lässt, ist das was ist, nicht alles.
Theodor Adorno

Ich sehe was, was Du nicht siehst!

„Ich will eigentlich nicht sagen, dass ich meine Augen kontrollieren sollte. Aber ich habe auf der Wiese gerade einen Hasen so lange beobachtet, bis er weggeflogen ist.“

Wieder regiert die Königin Gewohnheit. Wir sehen etwas nicht genau. Das Gehirn registriert Natur, Wiese, Boden und macht aus den falschen Seheindrücken eine Schlussfolgerung, die im wahrsten Sinne des Wortes auffliegt. In einer Email fliegt jedoch ein falsch zusammengereimtes Wort nicht davon.

Ein Auge ist zu vergleichen mit einer KI. Die Datenbank Netzhaut, unser Film in der Augenkamera, nimmt ALLE Details unseres Blickes auf. In jedem Blick mit dem Organ Auge liegt keine Emotion, Bewertung  oder Wahrnehmung! Es ist die reine Aufnahme von Daten. Die Datenbahn Sehnerv sendet ebenfalls alle umsetzbaren Details, ohne Sinn-Suche weiter. Die KI Auge funktioniert.
Erst unser Gehirn registriert, sortiert und prüft. Diese anspruchsvolle Arbeit wird kontrolliert über unsere sehr persönliche Objektivität, die sich aus erlerntem, gewohntem, interessiertem oder bequemem Wissen zusammensetzt. Unsere eigenen Heuristiken.

Ich sehe was, WIE Du es nicht siehst. Wahrheit, Wirklichkeit und Realität entstehen nur für das eigene Ich. Eine andere Person, wertet andere Seh-Daten aus und hat andere Gedanken dazu und dementsprechend andere Sichtweisen. Damit erklärt sich auch der unterschiedliche Rückblick auf die gleiche Situationen.

Was passiert aber wenn auch noch ein Defizit (egal wieviele und welche Dioptrien) PRO Auge besteht. Also der Prozess bereits einen Bug, einen Darstellungsfehler vor der Wahrnehmung und dem Denken, enthält.
Ist jedes Wort einer Mail von den Augen gesehen und abgebildet oder hat das Gehirn helfen müssen und nach Erfahrung und Erinnerung konstruiert? Wieviel Konzentration und Energie wurde dafür verbraucht?
Zusätzlich sind wir beim Sehen zwar nicht doppelzüngig aber doppeläugig. Und meine vierzig Jahre Augenkontakt beweisen, rechts und links ist in den absolut seltensten Fällen gleich.
Wenn ein Auge schlapp macht begnügt sich unsere Wahrnehmung mit dem anderen Auge. Blickfeld und Stereosehen entfallen – unbemerkt!

Deutlich wird mir wieder die notwendige Trennung im Begriff Sehen. Zum einen die Sehvorlage von den Augen und zum anderen das daraus verarbeitete Bild im Gehirn, als Grundlage unserer Wahrnehmung.
Für Augenoptiker ist diese Trennung eine Selbstverständlichkeit und die Wortwahl der Aufklärung ist fokussiert auf die Beseitigung des Augenfehlers. Die Seh-Anforderungen und der Seh-Alltag jedes Einzelnen finden selten Raum. Den gängigen Augenträgern hingegen fehlt das Bewusstsein und Basiswissen um selbst Einfluß zu nehmen.

Eine unabhängige Aufklärung und das Wissen um den eigenen Status Quo im Vorfeld ist die Lösung.
Wir kaufen doch auch nicht das nächst beste Handy, was man uns in die Hand drückt, sondern überlegen uns vorher: Wann und wo will ICH es einsetzen?

Selbstgemacht ans Eingemachte

Die Beichte zum Schluss.  Als ich noch im Brillenladen tätig war habe ich selbstredend eine Brille getragen. Irgendwann war auch ich „reif“ und musste den Einstieg in die Gleitsichtgläser vornehmen. Die Jahre vergingen und mein Nahzusatz hat sich der Statistik entsprechend erhöht. Auch hatte ich ordnungsgemäß für zu Hause ein Nahkomfort-Gleitsichtglas (im Volksmund Arbeitsplatzbrille). Die ich dort im Übrigen immer getragen habe, denn ein Arbeitsplatz ist auch die Küche oder ein Ort um etwas zu reparieren.
Im Geschäft hatte ich allerdings immer meine schöne Auswahl an Allround-Gleitsichtgläsern im Gesicht. Stehen, laufen und sitzen hat sich verteilt über den Tag und ich war in dem Gefühl „allround“ zu sein. Leider nicht „allright“. Ich muss immer noch den Kopf schütteln das mir das, als Augenoptikermeisterin, passieren konnte. Regelmäßig bekam ich nach einem Arbeitstag heftige Halswirbelsäulenprobleme und Kopfschmerzen. Ich war verspannt, im doppelten Sinn des Wortes. Bis mir eines Tages, im direkten Gegenüber mit einem Kunden bewußt wurde, wie weit ich meinen Kopf in den Nacken lege, um klar und deutlich zu sehen. Beim Blick an den Beratungsplätzen auf den Bildschirm, bei der Augenkontrolle auf die Prüfgeräte und teilweise in der Werkstatt – genau das Gleiche!

Die Lösung war einfach. Ich habe nur noch Nahkomfort-Gleitsichtbrillen aufgesetzt. Damit war zwar der Blick geradeaus ab 6 Metern getrübt, aber ich hab’ auch niemanden übersehen oder umgerannt.
Heute sitze ich hauptsächlich am Schreibtisch und wechsele mehrmals am Tag meine verschiedenen Nahgleitsicht-Brillen. UUUUND verändere die Entfernung und den Neigungswinkel zum Bildschirm, Stuhlhöhe usw. Meine falsche Nutzung der Brillen hatte somit Auswirkungen auf meine Gesundheit. 

Mit diesem Geständnis möchte ich deutlich machen, wie sehr uns die Augen, unbemerkt, im Stich lassen, weil wir nicht achtsam mit unseren Gewohnheiten sind. 

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